Nahaufnahme einer Schiene auf Schotter

Sanddünen in Frankfurts Gleisbetten – Von Bremssand und was es mit diesem auf sich hat

Klar, Straßen- und U-Bahnen haben Bremsen, damit sie zum Stehen kommen. Aber manchmal reichen die nicht aus. Bahnbetreiber greifen ebenso gerne auf Sand zurück. Der erhöht die Reibung zwischen Rad und Schiene. Insbesondere bei nassem Wetter oder Schnee kann sich in Frankfurts Gleisbetten so manche Sanddüne auftun. Denn dann „streuen“ wir mehr als sonst.

 

Bremssand im Allgemeinen

In den Tankbehältern befindet sich Sand, der auf dem ersten Blick auch im Spielkasten verwendet wird, allerdings mit einem höheren Quarzanteil. Gemäß den Normen TL 918 2243-5 bzw. BN 918 224 (Bahnnorm) sollte Sand eine Körnung von 0,8-1,6 mm bzw. 0,71-1,6 mm haben und lehmfrei sein. Außerdem muss er trocken sein. Deshalb ist bei modernen Fahrzeugen zumeist eine elektrische Heizspirale im Sandvorratsbehälter eingebaut.

Das Prinzip ist schnell erklärt: Mit Hilfe von Druckluft (ca. 8 bar) wird aus einem Vorratsbehälter, dem Sandkasten, durch Fallrohre Sand unter die Räder geblasen bzw. vor den Rädern auf die Schienen gestreut. Zum Vergleich: Bei Espressomaschinen wird Wasser unter etwa 9 bar Druck durch fein gemahlenes Espressomehl geleitet.

Durch das Sanden wird ein Durchrutschen der Räder (Schleudern bzw. Gleiten) verhindert. Auf Tastendruck oder automatisch werden ein paar Körnchen Bremssand vor die Bahnräder gestreut. Dazu wird ein Magnetventil angesteuert, das Druckluft aus der Hauptluftbehälterleitung in eine Düse der Sandungsvorrichtung leitet und dadurch bewirkt, dass Sand über eine Schlauch- oder Rohrleitung unter die Räder geblasen wird.

 

Bremssand bei der VGF

Unser Bremssand stammt von einem Werk in Kelsterbach. Mit einem speziellen „Tankwagen“ wird dieser einmal die Woche, in der Hoch-Zeit (ab November, wenn herabfallendes Laub die Schienen rutschiger macht) sogar ein-, in Extremfällen auch zweimal am Tag, abgeholt. Sechs Tonnen passen in den Wagen. Aber zuerst muss der Sand feuergetrocknet, entstaubt und gesiebt werden. Oben kommt der Sand rein und unten wird er mit Druck über einen Kompressor in Auffangstationen geleitet.

In Frankfurt funktioniert das Prinzip mit dem Bremssand so wie in den meisten anderen Städten. Selbst der Ebbelwei-Expreß verfügt über eine Sandanlage. Nur das „Auftanken“ ist etwas nerviger. Während man beim „S“-Wagen über eine Zapfsäule den Sand in die Vorratsbehälter pumpt, braucht es beim „R“-Wagen und den Vorgängermodellen eher Muskelkraft. Mit einer Schippe wird der Vorrat aufgefüllt. Ständig rennt man zwischen Sandkasten und Bahn hin und her. Im Gegensatz zum „S“-Wagen erfolgt das Auffüllen nicht von außen, sondern der Kollege von der Werkstatt steigt in die Bahn, klappt einen Sitz hoch und schüttet dann drauf los.

Jeden frühen Morgen, bevor die Straßen- oder U-Bahn wieder auf Strecke geht, wird dann kontrolliert, ob neuer Sand gebraucht wird. Der „S“-Wagen ist so modern, dass ein Sensor leuchtet, wenn aufgefüllt werden muss. Beim „R“-Wagen gibt es Guckfenster, durch die man einen Blick ins Innenleben des Sandbehälters werfen kann.

Außerdem gibt es den Komponententest: Es muss nämlich kontrolliert werden, ob der Streumechanismus, die Streuvorrichtung richtig funktioniert. Wenn nicht einige Körner unter den „Reifen“ liegen, muss die Bahn im Betriebshof stehen bleiben. Dann ist die Sicherheit im Frankfurter Straßenverkehr weiterhin gewährleistet.

Jeweils ganz vorne und hinten befinden sich die Sandkästen. Denn bestreut werden nur die Antriebsräder. Ähnlich macht man es auch, wenn der eigene Wagen im Schlamm stecken bleibt. Nur unter den Reifen, die angetrieben werden (bei Sportwagen hinten, bei den meisten Autos von VW hingegen vorne), legt man eine Matte darunter, um die Reibung zu erhöhen. Andersherum macht die Aktion keinen Sinn.

Zwanzig Liter Sand passen in einen Sandbehälter. Pro Seite sind es vier, macht also summa summarum: 160 Liter Sand im „S“-Wagen.

Bei den U-Bahnen wird „Bremssand“ natürlich auch eingesetzt. Einen Unterschied zu den Straßenbahnen gibt es nicht.

Wie es bei anderen Verkehrsunternehmen, zum Beispiel in Köln, funktioniert, sieht man in diesem Video ganz gut.

 

Gleisreinigungsfahrzeuge

Bremssand schön und gut, aber auch eine zu große Menge an Sand in der Schienenrille könnte sich negativ auf das Fahr- und Bremsverhalten unserer Bahnen auswirken. Deshalb sind bei uns (fast) jeden Tag Gleisreinigungsfahrzeuge im Einsatz. Mit fünf Stundenkilometern fahren sie die Gleise entlang und saugen alles auf, was dort nicht hingehört, also nicht nur Bremssand, sondern auch kleinere Steinchen oder Metallabrieb.

Ein Volumen von 2000 Litern Wasser umfasst das Gleisreinigungsfahrzeug. Unten ist der Frischwasserbehälter, oben wird das Schmutzwasser aufbewahrt. Der Abfall aus den Schienen landet dann früher oder später in unseren Zentralen Werkstätten Infrastruktur an der Hanauer Landstraße. Die VGF schont die Umwelt, denn wir benutzen unseren Bremssand nicht nur einmal. Er wird recycelt und somit ein weiteres Mal verwendet.

In der Regel wird unter Hochdruck Wasser auf die Scheinen gespritzt. So wird der Staub gebunden und der Schmutz löst sich. Dieses Wasser-Schmutz-Gemisch wird dann über Düsen angesaugt. Sollte sich der Dreck doch einmal als hartnäckiger als sonst erweisen, kommt der Kratzerstahl zum Einsatz. Wie sein Name schon erahnen lässt, kratzt er beharrlichere Reste aus den Rillen.

In einem Video erklärt Ralf Griebel, Leiter Sachgebiet Technische Dienste Fahrweg, am Beispiel Eckenheimer Landstraße, warum, wieso, weshalb Gleisreinigung so wichtig ist:

https://www.youtube.com/watch?v=PguFwsIH2DE

 

Exkurs: Sandstreuer bei Straßenfahrzeugen

Auch bei Straßenfahrzeugen kommen gelegentlich Sandstreuer zum Einsatz. Im Gegensatz zur Straßen- oder U-Bahn dienen sie dort hauptsächlich als Anfahrhilfe bei schwierigen Straßenverhältnissen. Auch im Bahnverkehr Bremssand wird gebraucht, um Bahnen auf rutschigen Schienen die Anfahrt zu erleichtern.

Verbreitet sind Sandstreuer hauptsächlich bei Oberleitungsbussen, die technisch mit der Straßenbahn verwandt sind und aufgrund von Sicherheitsüberlegungen bezüglich der elektrischen Isolation keine Schneeketten aufziehen dürfen.

Es gibt aber auch Omnibusse und LKWs, die mit Sandstreuer ausgerüstet wurden. Dabei wird üblicherweise der Sand direkt vor die Antriebsachse gestreut. Der Sandstreuer hat den Vorteil, dass keine Montage nötig ist und er auch auf Straßen ohne Schnee ohne Schäden eingesetzt werden kann, die Effektivität ist aber geringer als bei Schneeketten.

 

Ohne Bremssand verlässt keine unserer Straßen- und U-Bahnen den Betriebshof. Für die Sicherheit auf unseren Schienenstrecken.

Sascha Reimann
s.reimann@vgf-ffm.de
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