VGF macht Schule: Verkehrserziehung hautnah
„Alle Personen, die ihr gleich sehen werdet, haben überlebt.“ Mit diesen Worten eröffnet Klaus Peter Düwel an einem Dienstagmorgen seine besondere Doppelstunde in der 8. Klasse der Georg-August-Zinn-Schule in Griesheim. Klaus Peter Düwel ist der Schulkontaktpfleger der VGF. Seit Jahren schon besucht er mit dem Projekt „Achtung Bahn!“ Schulen im Stadtgebiet. Seine Mission: Aufklären, wachrütteln – und so den Straßenverkehr für alle ein bisschen sicherer machen. Im Gepäck hat er – neben ganz viel eigener Erfahrung, die er als jahrelanger Fahrer gesammelt hat – Fotos und Videos, aufgezeichnet von Bahnsteigkameras. Das Material wurde im Vorfeld geprüft und von den Behörden für die Vorführung in den Schulen freigegeben. Denn was die Jugendlichen zu sehen bekommen, ist nur im entsprechenden Kontext des Projekts vertretbar: Die Fotos und Videos zeigen echte Unfälle mit Straßen- und U-Bahnen in Frankfurt. Unfälle, die allesamt hätten verhindert werden können, hätten sich die Verunglückten an die Regeln im Umgang mit Zügen und Gleisen gehalten.
Regel Nummer 1: Aufmerksamkeit
Die oberste dieser Regeln ist Aufmerksamkeit. „Ganz viele Unfälle passieren, weil die oder der Betroffene abgelenkt ist von Musik auf den Ohren oder dem Blick aufs Smartphone“, erzählt Klaus Peter Düwel. Das Phänomen der sogenannten „Smombies“ ist besonders bei Jugendlichen stark verbreitet. Deshalb hat man an einigen Bahnübergängen zusätzlich zu den Ampeln auffällige Bodenmarkierungen angebracht, die mit gesenktem Blick aufs Smartphone wahrgenommen werden können. Aber: Die besten Sicherheitsvorkehrungen bringen nichts, wenn Verkehrsteilnehmer sie nicht respektieren.
„Ich gehe auch manchmal bei Rot über die Ampel“, gesteht eine Schülerin. Warum? „Sonst komme ich zu spät“, lautet ihre einfache Antwort. Damit ist sie nicht alleine. „Viele sind zu ungeduldig, um ein paar Sekunden an einer roten Ampel oder einer geschlossenen Schranke stehen zu bleiben, und nehmen lieber in Kauf, von einer Bahn erfasst zu werden“, bestätigt Klaus Peter Düwel. Welche tragischen Folgen diese Ungeduld haben kann, sehen die Schülerinnen und Schüler im ersten Video: Eine junge Frau rennt bei Rot über die Gleise, will die Bahn noch erwischen – doch stattdessen erwischt die Bahn sie. „Oh Gott!“, „Die Arme!“, raunt es durch die Klasse. „Die junge Frau hatte wahnsinniges Glück. Sie ist ins sogenannte Hochgleis gefallen. Das ist tiefer und so konnte die Bahn über sie hinwegrollen. Nur ein paar Meter weiter und sie hätte im normalen Gleis gelegen“, erklärt Klaus Peter Düwel. Da hätte die Bahn sie zerquetscht.
Wachrütteln
Das Video verfehlt seine Wirkung nicht. Die Schülerinnen und Schüler wirken betreten, scheinen über das Gesehene nachzudenken und beginnen möglicherweise schon, ihr eigenes Verhalten zu reflektieren. Genau das möchte die VGF mit dem Projekt erreichen. Es geht darum, den jungen Menschen klar zu machen, welchem Risiko sie sich aussetzen, wenn sie sich im Umgang mit Bahnen leichtsinnig und unaufmerksam verhalten. Denn: „Ihr seid immer die Verlierer!“, mahnt Klaus Peter Düwel.
Ihm ist wichtig, dass sein Vortrag bei den Kindern und Jugendlichen wirklich ankommt und sich in den Köpfen festsetzt. Deshalb ist das Schulprojekt der VGF speziell so konzipiert, dass die Schülerinnen und Schüler mit Situationen aus ihrem Alltag konfrontiert werden: Die vermeintliche Abkürzung über die Gleise auf dem Weg zur Schule oder zu den wartenden Freunden, das allmorgendliche Gedrängel und Geschubse an den Haltestellen. Die Jungen und Mädchen sollen selbst erkennen, welche Gefahr ihr Verhalten für sich und auch für andere bedeuten kann. Und in einem zweiten Schritt sollen sie idealerweise ihr Verhalten verändern und so zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr beitragen.
Was tun bei Unfällen? Eigenschutz!
Neben dem gemeinsamen Erarbeiten und Wiederholen der Verhaltensregeln zur Unfallvermeidung steht noch ein zweiter wichtiger Aspekt im Zentrum des Projektes. Die Frage: Wie verhalte ich mich, wenn ich als Unbeteiligter zu einem Bahn-Unfall dazukomme? „Das A und O ist erst einmal die Eigensicherung“, bläut Klaus Peter Düwel den Jugendlichen ein. „Ihr müsst sicher stellen, dass euch nicht auch etwas passiert. Erst dann könnt ihr helfen.“ Dann stellt er die verschiedenen Sicherheitseinrichtungen an den Stationen und in den Fahrzeugen der VGF vor, die man im Notfall nutzen kann und soll: Notrufsäulen, Notsignalschalter, Notbremsen…
Kooperation mit der Polizei
Seit dem Schuljahr 2018/2019 ist die VGF auch Kooperationspartner der Polizei Frankfurt am Main im Pilotprojekt „Gefahrensensibilisierung von Schülerinnen und Schülern weiterführender Schulen vor Risiken im Straßenverkehr und auf dem Schulweg“. Hier können Schulen sich aus verschiedenen Teilmodulen ein individuelles und auf ihre Rahmenbedingungen ausgerichtetes Programm zusammenstellen. Auf das Grundmodul „Allgemeine Gefahrensensibilisierung“ der Polizei Frankfurt am Main folgen zwei weitere Termine mit jeweils einem rund 90-minüten Folgemodul nach Wahl. Eines dieser Module („Überschreiten von Bahnübergängen“) wird von der VGF verantwortet und ebenfalls von Klaus Peter Düwel durchgeführt. Neben der VGF sind auch das Fraunhofer Institut, das Straßenverkehrsamt, die Verkehrswacht, der ADAC, die Fachstelle Prävention und DEKRA Projektpartner.
Interesse?
Wenn Sie gerne das VGF-Projekt in Ihre Schule holen möchten, finden Sie hier die nötigen Kontaktdaten. Wir freuen uns!
Oliver
Gepostet am 20:02h, 13 Dezemberalles schön und gut, nur leider sieht es in der Realität völlig anders aus.
Denn Jugendliche, die bei roter Ampel und/oder geschlossener Schranke bei einer nahenden Stadtbahn die Gleise überqueren, machen dies aus Willkür und Provokation.
Wenn man als Fahrer dann Warnsignal abgibt und noch eine stärkere Bremsung machen muss, bekommt man nur den berühmten Mittelfinger gezeigt.
Das ist leider täglicher Alltag an all den „Schul-Brennpunkten“.