Mitarbeiter der VGF zeigt Dame den Fahrplan-Aushang am Bahnsteig.

„Wir bringen Sie von Tür zu Tür.“ – Der Fahrgast-Begleitservice der VGF

Egal, ob die Mutter mit Gipsbein oder Kinderwagen, der ältere Herr am Stock, die Dame mit Sehschwäche – für sie sind Fahrten in Bussen und Bahnen, mit Umsteigen in U-Bahn-Stationen und allem Drum und Dran mitunter recht beschwerlich. Gut, dass es den Fahrgast-Begleitservice der VGF gibt. Er macht Fahrgästen in Frankfurt die Wege leichter und unterstützt sie in ihrer alltäglichen Mobilität. Und das kostenlos. Einzig eine gültige Fahrkarte ist notwendig.

Los ging es am 3. Mai 2010: Auf Initiative des Verkehrsdezernats ins Leben gerufen und damals von der VGF und den Partnern Jobcenter Frankfurt, der BIWAG und dem RMV getragen, unterstützen seit mittlerweile sechs Jahren unsere Servicemitarbeiterinnen und -mitarbeiter mobilitätseingeschränkten Fahrgäste bei ihrer Fahrt zum Arzt, zu Behörden, zum Einkaufen oder auch ins Theater. Sie holen den Fahrgast zu Hause ab, helfen beim Fahrkartenkauf, begleiten ihn bis zum Ziel und zurück in die heimischen vier Wände. Der Service kann montags bis freitags von 7:00 bis 21:00 Uhr in Anspruch genommen werden.

Wenige Wochen nach Beginn waren es schon 50 Kunden. Inzwischen sind fast 900 registriert. Ungefähr die Hälfte von ihnen ist aktiv: Sie rufen unter der Telefonnummer (069) 213 23188 regelmäßig an und vereinbaren einen Termin, am besten zehn Tage im Voraus. Nicht selten nämlich ist der Service eine Woche vorher ausgebucht.

Der ganz alltägliche Wahnsinn im Leben eines Fahrgastbegleiters

18 bis 20 Termine pro Tag stehen bei Mathias Wiese, seit drei Jahren beim Fahrgast-Begleitservice tätig, im Kalender. Er ist dafür zuständig, dass Oma Marianne heil und sicher beim Doktor ankommt. Oder ich zu meiner Physiotherapie, falls ich auf Krücken gestützt durch Frankfurt laufen muss.

Als Disponent ist Mathias Wiese zwar seltener unterwegs, trotzdem kennt er sich bestens in diesem Job aus. Er weiß auch sehr gut, wie er seine „Leute“ nach ihren Fähigkeiten einsetzt. Oftmals nimmt er ihnen außerdem ihre Ängste. Denn viele Servicemitarbeiter kommen aus der Langzeitarbeitslosigkeit. Sie müssen erst wieder in die Berufswelt zurückfinden. Und das ist manchmal gar nicht so leicht. Deshalb können sich die Kollegen bei Problemen an einen Coach des Jobcenters wenden, quasi als „psychologischen Beistand“.

In drei Schichten sind die Kollegen unterwegs. Auch wenn gerade kein Auftrag auf sie wartet, gibt es etwas zu tun: Sie beantworten Fragen von VGF-Kunden. Oder sie überprüfen unsere Haltestellen und Stationen auf Sauberkeit etc. Viele allerdings machen sich direkt auf den Weg zum Kunden, holen ihn ab und bringen ihn zum Termin. Je nach Lage wird entschieden, ob man dann bleibt oder geht. Handelt es sich zum Beispiel nur um eine Blutentnahme, ist man nach ein paar Minuten wieder auf dem Rückweg. Bei unangekündigten Arztbesuchen und vollen Warteräumen jedoch können schnell ein, zwei Stunden vergehen. Am Ende dieses „Ausflugs“ wird der Kunde wieder nach Hause gebracht.

An der Tür ist Schluss für unsere Kollegen. Mitunter machte so mancher schon mal eine Ausnahme von dieser Regel und bereute es. Mathias Wiese kann sich an eine ältere Dame aus Höchst erinnern. Sie nutzte die Gelegenheit und nahm gleich die ganze Hand, nachdem ihr der kleine Finger gereicht wurde. Auf der Suche nach ein wenig Gesellschaft rief die Frau vor einiger Zeit den Service erstmals an. Als der Kollege dann bei ihr klingelte, ging es für die beiden nicht wie geplant zum Arzt, sondern man trank gemütlich einen Kaffee und unterhielt sich nett. So ging das mehrere Male. Bis die Kundin es mit dem Kaffeekränzchen leicht übertrieb. Seitdem bekommt sie nur noch Fahrgastbegleiter an die Seite, die deutliche Grenzen ziehen und auch einmal „Nein!“ sagen können.

Aus dem Nähkästchen geplaudert

Durch die Arbeit in diesem Service bekommt man viel Zwischenmenschliches mit. Mathias Wiese kann sich zum Beispiel an eine Frau erinnern, deren Kinder mit einer Klage drohten. Angeblich sollte die Kundin, die zu diesem Zeitpunkt bereits Anzeichen einer Demenz zeigte, ihr ganzes Geld unseren Mitarbeitern gegeben haben. Tatsächlich führten viele Gänge sie und den Fahrgastbegleiter zum Geldautomaten. Doch wohin die Euros dann verschwunden sind, weiß niemand. Das Gericht entschied, dass seitens der VGF und der Mitarbeiter kein Fehlverhalten vorlag.

„Jeder Tag bringt neue Überraschungen.“ So manche Geschichte ist witzig, einige sind eher traurig und andere kurios. Wie zum Beispiel die eines 85-jährigen Kunden, nennen wir ihn Heinrich S., der angeblich zu seinem Arzt in der Kaiserstraße wollte. Stattdessen aber führte der Weg ihn und den Fahrgastbegleiter geradewegs ins Freudenhaus. Alle zwei Monate sucht der Herr dieses Etablissement auf. Der Fahrgastbegleiter bringt ihn hin und holt ihn wieder ab, geht aber selbstverständlich nicht mit aufs Zimmer.

Mathias Wiese kann sich außerdem noch gut an eine Frau erinnern, die er an seinem zweiten Arbeitstag kennenlernte. Die Dame träumte ihr Leben lang von einem Motorradausflug. Der Disponent machte außerhalb des VGF-Services und seiner Arbeitszeit das Unmögliche möglich: In einer Gruppe von zehn Leuten und im Beiwagen sitzend drehte die 75-Jährige eine große Runde durch Frankfurt und strahlte am Ziel mit der Sonne um die Wette.

Das ist es auch, was Wiese an seinem Job so viel Spaß macht: „Man macht Menschen glücklich. Und die Mitarbeiter bekommen Dank und Anerkennung für ihre Arbeit zurück.“

Natürlich hat alles seine zwei Seiten, also auch eine nicht so schöne: Manche Kunden sind eben schwierig. Sie machen Randale, wollen ihren Willen durchsetzen und beschimpfen andere. Zum Glück gibt es nur wenige solcher „Problemfälle“. Die meisten freuen sich, für kurze Zeit nicht vollkommen auf sich allein gestellt zu sein. Und jemanden zum Reden zu haben.

Und endlich bietet sich ihnen einmal die Gelegenheit, „ausgetretene Pfade der gewohnten und immer gleichen Wege zu verlassen und neue Ziele anzusteuern“. Finden Bauarbeiten statt, sind unsere Kollegen besonders gefragt. Dann ist vieles anders als sonst. Vor allem blinde bzw. seheingeschränkte Kunden sind in diesen Momenten froh, dass ihnen der rechte Arm gereicht wird.

Ein Stück mehr Lebensqualität dank des Fahrgast-Begleitservices

Der Fahrgast-Begleitservice ist ein wichtiger Schritt zurück in das gesellschaftliche Leben. Denn bisher im öffentlichen Verkehr oft unsichere Menschen könnten sich mit seiner Hilfe „wieder“ zutrauen, ihre Wege mit unseren Bahnen zurückzulegen und beispielsweise die Oper zu besuchen.

Für mehr Mobilität unternehmen wir so einiges: Stationen und Haltestellen wurden in den vergangenen Jahren modernisiert – und somit die Barrierefreiheit ausgebaut. Außerdem wurden Aufzüge nachgerüstet, zuletzt am „Schweizer Platz“ und an der „Miquel-/Adickesallee“, Zugänge und Umsteigewege wurden verbessert und bis 2017 wird die Auslieferung der neuen U-Bahnen abgeschlossen sein.

Die VGF tut viel, um ihre Kunden glücklich und zufrieden zu machen. Die Fahrgastbegleitung ist nur einer von vielen Services, den wir anbieten. Weitere Einblicke zum Beispiel in das TicketCenter, das Fundbüro oder die Werkstätten sollen an dieser Stelle folgen …

Sascha Reimann
s.reimann@vgf-ffm.de
1 Kommentar
  • TDC
    Gepostet am 06:27h, 02 Februar Antworten

    Hi, kann man sich für den Fahrgast Begleitservice etwas mehr informieren (Arbeitszeiten, Kosten, Ausbildung / Schulung der Begleiter:innen, ….) und kann man sich initiativ darauf bewerben?

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