Verglaste Aufzugsanlage Miquel-/Adickesallee von außen am Eröffnungstag. Daneben die Treppe zur unterirdischen Haltestelle, ein blaues Schild mit einem "U" darauf und darunter ein weißes mit einer Person die die Treppe herunter läuft.

Neue Aufzüge in alten Stationen

Aufzugsnachrüstungsprogramm. Ein Ungetüm von einem Wort, das man doch besser koppelt: also Aufzugs-Nachrüstungsprogramm. In seiner Sperrigkeit gibt der Begriff, der die VGF seit zwölf Jahren begleitet, aber recht genau die Probleme, Schwierigkeiten und bisweilen Widerstände wider, mit denen die VGF beim nachträglichen Einbau von Aufzügen in unterirdische Stationen konfrontiert wird.

Denn: nicht alle 27 im Untergrund liegenden Stationen der Frankfurter U-Bahn wurden bei ihrem Bau mit Aufzügen ausgestattet. Warum auch immer: vielleicht waren sie in den 70er Jahren zu teuer, vielleicht fehlte schlicht das Bewußtsein für die Probleme von Menschen, die in ihrer Mobilität und Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind, und sei es nur vorübergehend.

So ein nachträglicher Einbau sollte eigentlich alle glücklich machen, immerhin nehmen Stadt und VGF beträchtliche Mittel in die Hand, unter siebenstelligen Beträgen ist diese Verbesserung der ÖPNV-Qualität pro Aufzug nicht zu bekommen. Aber im Gegenteil, die Widerstände sind vielfältig. Ganz davon abgesehen, daß viele Anwohner zwar prinzipiell für den Bau sind, aber erwarten, daß ein Aufzug – wahlweise eine neue Station, eine neue Gleiskreuzung oder am besten gleich eine ganze Neubaustrecke – im fertigen Zustand und ohne Bauzeit mit Lärm, Dreck und anderen Einschränkungen vom Himmel fällt, gibt es Hemmnisse: Bäume genießen in Frankfurt hohe Bedeutung, Parkplätze sind nicht weniger wichtig und sollten Radwege wegen eines aus dem Boden sprießenden Aufzugsgehäuses auch nur umgelegt werden müssen, protestiert die Radfahrerlobby. Auch Geschmacksfragen kommt dann eine unerwartete Bedeutung zu.

Aufzugsanlage Miquel-/Adickesallee am Eröffnungstag

Aufzugsanlage Miquel-/Adickesallee am Eröffnungstag

Ein Programm, acht Stationen

2004 legte die VGF ihr „Aufzugs-Nachrüstungsprogramm“ auf, das zum damaligen Zeitpunkt acht Stationen umfaßte: „Holzhausenstraße“, „Grüneburgweg“, „Miquel- / Adickesallee“, „Eschenheimer Tor“, „Schweizer Platz“ (alle U1, U2, U3, U8), „Kirchplatz“, „Alte Oper“, „Westend“ (alle U6, U7).

In der Station „Holzhausenstraße“ gingen im Mai 2008 die ersten zwei nachgerüsteten Aufzüge in Betrieb, in der Station „Grüneburgweg“ sowie am „Kirchplatz“ im Dezember 2009 zwei bzw. einer. Ein weiteres Jahr später, im Oktober 2010, konnten wir einen Aufzug in der Station „Alte Oper“ in Betrieb nehmen, im September 2015 vier Anlagen in der Station „Miquel- / Adickesallee“. Ein Aufzug folgte dann im Dezember an der Station „Schweizer Platz“. Neben dem Schweizer Platz, wo der zweite Aufzug noch nicht in Betrieb ist, stehen aktuell zwei Stationen auf unserem Programm: „Westend“ – hier soll bis Ende 2019 ein Aufzug für rund 2,2 Millionen € gebaut werden, die Planungen laufen – sowie „Eschenheimer Tor“, wo der Baubeginn für zwei Anlagen kurz bevorsteht.

U „Holzhausenstraße“

Die erste nachgerüstete Station war eine der ältesten im VGF-System, die am 4. Oktober 1968 an der damals brandneuen A-Strecke eröffnete Station „Holzhausenstraße“. „A-Strecke“ heißt der Abschnitt, weil er zwischen dem damaligen Theaterplatz und Dornbusch die erste U-Bahnstrecke der Stadt war. Es folgten am 26. Mai 1974 der B-Streckenabschnitt Scheffeleck-Konstablerwache-Theaterplatz für die Linien U4 und U5 sowie am 11. Oktober 1986 die C-Strecke mit dem Abschnitt Industriehof – Zoo, auf dem die Linien U6 und U7 verlaufen.

Zwei Aufzüge mußten an der Holzhausenstraße geplant und gebaut werden, da diese Station genau wie der weiter südlich gelegene „Grüneburgweg“ über zwei Seitenbahnsteige verfügt. Die Arbeiten verliefen damals im Großen und Ganzen problemlos. Natürlich mußten diverse Leitungen, Kanäle und Rohre verlegt werden, denn Aufzugsschächte waren in der Eschersheimer Landstraße ursprünglich nicht vorgesehen. So verhält es sich bei allen Arbeiten im Bestand einer gewachsenen Großstadt, egal ob – wie im Jahr 2014 – die Bahnsteige der oberirdischen U5-Stationen „Hauptfriedhof“ und „Deutsche Nationalbibliothek“ modernisiert werden, oder 2010 das Straßenbahnkreuz Rohrbachstraße / Friedberger Landstraße im Zuge des Neubaus der Linie 18 zum Gravensteiner-Platz eine zusätzliche Abbiegerelation von der Rohrbachstraße in nördliche Richtung erhält.

U „Grüneburgweg“, „Kirchplatz“ und „Alte Oper“

In den Stationen „Grüneburgweg“ und „Kirchplatz“ gingen ein Jahr später, im Dezember 2009, zwei Aufzüge bzw. eine Anlage in Betrieb. Für die Station „Alte Oper“ reichte ebenso wie am Kirchplatz wegen des Mittelbahnsteigs ein Aufzug. Der war aber gleich mehrfach umstritten, denn die eingangs erwähnten Widerstände sind vielfältig: In einer über Jahrzehnte nach dem U-Bahnbau in den 60ern und 70ern weiter gewachsenen Straße liegen diverse Ver- und Entsorgungsleitungen – vom Telefonkabel bis zum Abwasserkanal. Die müssen durch vorbereitende Arbeiten erst umgelegt werden, was den Einbau verteuert und die Arbeiten verlängert. Hier aber wirkten vor allem ästhetische Erwägungen hemmend: Als wir die Planungen für den Aufzug in der Station „Alte Oper“ bekannt machten, wurden nicht nur Bedenken laut, die VGF verschandele mit ihrem häßlichen Aufzugsgehäuse an der Oberfläche einen der wenigen urbanen Plätze in der Innenstadt, sondern auch der Architekt der Station meldete sich und brachte ähnliche Kritik hinsichtlich seines künstlerischen Entwurfs vor. Bei der Inbetriebnahme im Oktober 2010 waren dann alle glücklich und der filigrane Glasbau des Aufzugs stört weder das Ensemble von Alter Oper und Opernplatz noch das Tonnengewölbe der Station.

Aufzugsanlage Alte Oper am Eröffnungstag

Aufzugsanlage Alte Oper am Eröffnungstag

U „Miquel- / Adickesallee“ und „Schweizer Platz“

Vier Aufzüge waren an der Station „Miquel- / Adickesallee“ notwendig, was der weitläufigen B-Ebene und vor allem der großen Kreuzung darüber geschuldet war. Zwei Aufzüge führen an der nordwestlichen und der südöstlichen Ecke von der Oberfläche auf die B-Ebene, da die Station Seitenbahnsteige hat, waren von hier auf die Fahrebene zwei weitere Fahrstühle notwendig. Die Kosten liegen mit rund 5,44 Millionen € entsprechend hoch, wurden aber zu 67 % vom Land Hessen gefördert. Ohne diese Förderung wären VGF und Stadt angesichts des Umfangs dieses sinnvollen Programms finanziell überfordert.

In Betrieb gingen sie im Spätsommer 2015, leider in zwei Etappen, weil der Einbau des nordwestlichen Aufzugs länger als geplant dauerte: Hier war umfangreicherer Kanalbau nötig als gedacht, was in solchen Fällen auch nicht die VGF ausführt, sondern zuständige Ämter oder andere städtische Firmen – schließlich wissen wir bei der VGF, wie ein U-Bahnsystem am Laufen zu halten ist, Leitungen mit Strom, Gas, Wasser oder Telekommunikation überlassen wir lieber den Experten.

Am Schweizer Platz sollten ursprünglich zwei normale Vertikalaufzüge am südlichen Bahnsteigende die Oberfläche mit B-Ebene und Bahnsteig verbinden. Tatsächlich hätten dafür Bäume gefällt werden müssen, was in Sachsenhausen zu einem Aufschrei führte. In der Folge hat die VGF einen Schrägaufzug eingebaut, der Anfang 2016 eröffnet wird, der andere ist seit Jahresende in Betrieb.

Bauarbeiten Schweizer Platz

Bauarbeiten Schweizer Platz

Auch hier verzögerte sich also die Inbetriebnahme mehrfach und für Außenstehende kaum nachvollziehbar. Doch wenn eine Firma wie der Hersteller des Schrägaufzugs – keine Anlage von der Stange, sondern eine teure Sonderanfertigung – mitten im Bau Insolvenz anmeldet, sind die Möglichkeiten der VGF, den Termin zu halten, beschränkt. Durch die Verzögerung mußte auch die Baustelleneinrichtung an der Oberfläche länger als geplant abgesperrt bleiben, was immer wieder Anlaß zu Kritik von Anwohnern und Ortsbeirat war.

U „Westend“

Für die Nachrüstung exemplarische Probleme stellen sich beim Aufzug für die Station „Westend“: Die Lage des Mittelbahnsteigs unter der Oberfläche ist so unglücklich, daß – soweit die Straße betroffen ist – kein Standort wirklich ideal ist. Im Ortsbeirat (OBR) stellten wir im Januar die Lösung vor, in Höhe der Myliusstraße eine Fußgängerinsel in der Mitte der Bockenheimer Landstraße anzulegen und auf ihr den Glaskasten à la Opernplatz mit Ausgang zu bauen. Im OBR ernteten wir damit höhnischen Beifall, auch wenn Verkehrsdezernent Stefan Majer zu bedenken gab, daß der kürzeste Weg zwischen Bahnsteig und Oberfläche auch immer der Günstigste sei.

Im Westend geht es aber nicht nur um die Frage, ob Fahrgäste, die aus dem Aufzug steigen, mitten im „brandenden Verkehr“ stehen, sondern auch und wieder um Bäume: Fünf Kastanien müßten ausgegraben und an anderer Stelle der Bockenheimer“ eingesetzt werden. Während im OBR kritisiert wurde, daß dazu entlang der Straße kein Platz vorhanden sei, entgegnete Majer, daß die Bäume gar nicht erst gepflanzt hätten werden dürfen, der barrierefreie Zugang zur Station aber überfällig sei. Sein Bau sei nach seiner Meinung daher nicht aufschiebbar. Nach unseren Planungen wird das Projekt rund 2,2 Millionen € kosten, Baubeginn ist für Mitte 2018 vorgesehen, die Inbetriebnahme für Ende 2019 – wenn es denn so kommt.

U „Eschenheimer Tor“

Schneller und hoffentlich weniger problematisch geht es am Eschenheimer Tor voran. Ein Aufzug soll die Oberfläche mit der B-Ebene und dem Bahnsteig stadteinwärts verbinden, einer die B-Ebene mit dem anderen Bahnsteig. Hier ist also, genau wie an der Station „Miquel- / Adickesallee“, ein Umsteigen nötig, wenn man Richtung Norden fahren und den Aufzug nutzen möchte. Die Lage des Aufzugsgehäuses in der nordwestlichen Ecke der Kreuzung Eschersheimer Landstraße / Bockenheimer Anlage ist für einmal unkritisch: keine Bäume auszugraben, keine Parkplätze, die entfallen. Beide Aufzüge, die am nördlichen Ende der Bahnsteige positioniert sein werden, sind als „Durchlader“ vorgesehen, also mit zwei Türen: Rollstuhlfahrer können in den Aufzug einfahren und ihn auch vorwärts wieder verlassen.

Der Einbau ist mit ca. 1,7 Millionen € veranschlagt, die Arbeiten beginnen im Frühjahr 2016 und sollen im Dezember 2017 abgeschlossen sein. Im Dezember vergangenen Jahres hatte der hessische Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir einen Förderbescheid des Landes über 835.000 € an die Stadt übergeben. „Zu einem attraktiven ÖPNV gehören auch gut zugängliche und komfortable Stationen und Haltestellen. Deshalb ist das Geld gut angelegt“, hatte der Minister damals gesagt und damit den Gedanken, der für die VGF bei Auflegung des Nachrüstungsprogramms leitend war, auf den Punkt gebracht.

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Übergabe des Förderbescheids an Verkehrsdezernent Stefan Majer.

Heute selbstverständlich

Heute ist eine Untergrund-Station ohne Fahrtreppen und Aufzüge undenkbar. Niemand bei der VGF wäre auf die Idee gekommen, beim Bau der am 1. Februar 2001 eröffneten DI-Strecke zwischen Hauptbahnhof und Bockenheimer Warte an der Station „Festhalle / Messe“ bei den Aufzügen zu sparen. Selbstverständlich wird auch die in naher Zukunft entstehende Untergrund-Station entlang der U5-Verlängerung ins Europaviertel, die Station „Güterplatz“, über einen Aufzug verfügen. Damit ist sie mobilitätsgerecht und barrierefrei – und die VGF spart sich einen aufwendigen nachträglichen Einbau, der wahrscheinlich auch noch deutlich teuer ausfällt, als wenn die Anlage gleich mit berücksichtigt worden wäre.

Einzelheiten zu dem Programm und zum aktuellen Stand der Arbeiten im Westend und am Eschenheimer Tor finden sich auf der VGF-Website.

Bernd Conrads
B.Conrads@vgf-ffm.de
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