Energie-Effizienz bei der VGF

379 U-Bahnen und Straßenbahnen sorgen auf zehn Straßenbahn- und neun U-Bahnlinien für öffentliche Mobilität in Frankfurt. E-Mobilität, verkörpert durch diese Fahrzeuge, ist einer der wichtigen Aspekte, wenn es um Klimawandel – den es zu verhindern gilt – und Verkehrswende – die es zu meistern gilt – geht. In Frankfurt ist elektrische Mobilität seit 1884 fester Bestandteil des öffentlichen Verkehrs, denn in diesem Jahr fuhr mit einem Wagen der Frankfurt-Offenbacher-Trambahn-Gesellschaft die erste „Elektrische“ am Main. Allein: Energie ist teuer und der Betrieb von U- und Straßenbahnen ist unvermeidlich energieintensiv. Damit rückt der öffentliche Verkehr unweigerlich in den Focus, wenn es um Energie-Effizienz oder Verringerung von Energie-Verbrauch geht.

VGF-Geschäftsführer Michael Rüffer präsentierte hierzu in der Sitzung des „Ausschusses für Mobilität und Smart City“ am 10. Oktober 2022 Zahlen, Daten, Fakten, schon laufende Projekte und weitere Handlungsoptionen. Rüffer betonte, daß sich die VGF schon früh mit Fragen rund um Energie-Effienz befaßt habe, aber wegen der bis zum russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 „billigen“ und einfach zugänglichen Energie nicht alle Vorhaben habe umsetzen können. Kleinere Photovoltaik-Anlagen zur Strom-Eigenproduktion beispielsweise seien unter den früheren Bedingungen schlicht nicht wirtschaftlich zu realisieren gewesen. Zu wirtschaftlichem Handeln sei die VGF aber angehalten. Die Rahmenbedingungen hierzu, so Rüffer, haben sich aber geändert, weshalb auch die Nutzung von größeren Wartehallen-Dächern jetzt auch wirtschaftlich machbar sei.

Energieträger bei der VGF

Unter den Energieträgern, aus denen die VGF 2021 Energie bezogen hat, war der (Fahr)-Strom mit 116,3 Gigawattstunden der größte Brocken. Das entspricht einem Anteil von 66,7 % am gesamten Energiebezug des Unternehmens. Zweitgrößter Teil: Strom für Liegenschaften, z.B. die ebenfalls energieintensiven Werkstätten, mit 21,8 % (38 Gigawattstunden). Geringer sind die Anteile am Energiebezug der VGF von Fernwärme (6,9 %), Erdgas (6,2 %) und Kraftstoffen (1,3 %).

Bedarf elektrischer Energie

In Gigawattstunden (GWh) berechnet beläuft sich der gesamte Energiebedarf der VGF auf 174,3 GWh (174.300.000 kWh), davon entfallen 88,5 % (oder 154,3 GWh)  auf elektrische Energie, was in etwa  38.600 Vierpersonen-Haushalten entspricht.

Etwa 75% des Strombedarfs (die genannten 116,3 GWh) entfallen auf den Fahrstrom, die restlichen ca. 25% verteilen sich auf die diversen Liegenschaften der VGF (Stationen, Haltestellen, Betriebswerkstätten, Verwaltungsgebäude, Abstellanlagen sowie weitere Verbraucher wie Stellwerke und Signalanlagen).

Trotz des in absoluten Zahlen hohen Verbrauchs elektrischer Energie sind schienengebundene, elektrische Verkehrsmittel aufgrund der geringen Fahrwiderstände und der hohen Wirkungsgrade die energetisch optimalsten Verkehrsmittel, weshalb sie Teil der Lösung und nicht des Problems bleiben.

Zwei U-Bahnzüge der VGF, Typ „U5“, in Heddernheim. Rechts ein „aufgebügelt“ abgestelltes Fahrzeug.

 

Maßnahmenpaket der VGF

Die VGF hat ad-hoc mehrere Schritte unternommen, um in Sachen Energie-Effizienz und Energie-Einsparung optimal aufgestellt zu sein.

  • Gründung einer internen „Energie-AG“, die diverse verschiedene Abteilungen umfaßt und unternehmensübergreifend Maßnahmen koordiniert sowie Handlungsfelder mit dem Ziel festlegt, die Energie-Effizienz möglichst ohne zusätzliche Investitionen zu steigern
  • Umsetzung verschiedener Maßnahmen gemäß Energiespar-Verordnung in der unternehmenseigenen Infrastruktur, also in Bürogebäuden, Werkstätten und Mietwohnungen
  • Bewertung verschiedener Optionen zur Reduzierung des Fahrstrombedarfs, ohne die Betriebsleistung für den Fahrgast spürbar einzuschränken, z.B. durch ausgedehnte Takte oder längere Fahrzeiten in Folge spürbarer Temporeduzierungen
  • Interne Kommunikation verschiedener Aktivitäten im Unternehmen, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das Thema zu sensibilisieren und zum Mitmachen zu ermuntern.

In diesem Zusammenhang sagte Rüffer, daß die VGF alle Maßnahmen danach bewerte, daß sie die Leistungsfähigkeit des Unternehmens nicht schwächten, das Angebot für die Fahrgäste nicht beeinträchtigten und daß die Mitarbeiterschaft nicht mit unnötigen Erlassen oder Vorgaben gegängelt würden.

Fahrstrom

Mit den genannten 66,7 % am gesamten Energiebezug der VGF ist der Fahrstrom wie erwähnt der größte Anteil. Hier hat die VGF verschiedene Schritte zu einer Optimierung untersucht:

  • Reduzierung der Maximalgeschwindigkeit (~ -10% vmax, -20% Energie)
  • Energetische Streckenbeschilderung (Hinweisschilder, die Fahrern Empfehlungen für eine energetische Fahrweise geben, z.B. durch Hinweise für die optimale Beschleunigung; auf der „C“-Strecke mit U6 und U7 ist so eine Beschilderung schon vorhanden)
  • Nutzung der Stromreduktionsfunktion der Fahrzeuge
  • Anpassung und Flexibilisierung der Fahrzeugklimatisierung
  • Erhöhung der Rückspeisespannung der Fahrzeuge (verbesserte Einspeisetiefe der beim Bremsen rekuperierten – also wieder eingespeisten – Energie für anfahrende Fahrzeuge)
  • Abgeschaltetes Abstellen der Bahnen in den Betriebshöfen (nach Tests im Betriebshof Gutleut kann die VGF bis zu 1.700 kWh pro Nacht sparen, wenn Bahnen komplett abgerüstet werden, d.h. keine nächtliche Stromversorgung für Licht, Türen oder Klimaanlagen aufrecht erhalten wird)
  • Lancierung einer Mitarbeiterkampagne, um Akzeptanz zu schaffen. Hierbei können auch Wettbewerbe innerhalb der Belegschaft einbezogen werden, um Anreize zu schaffen

Zu der internen Kommunikation sagte Michael Rüffer: „Wir werden hier nicht mit Zwang oder Erlassen arbeiten, sondern mit Augenmaß. Wir wollen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überzeugen, so daß sie freiwillig mitmachen.“

Dach der ZWI (Zentrale Werkstatt Infrastruktur) der VGF an der Hanauer Landstraße mit Photovoltaik-Anlage.

 

Infrastruktur

Neben dem Fahrstrom, der besonders viel Energie verbraucht, ist der große Infrastrukturbereich der VGF von Fragen der Energie-Effizienz und –Einsparpotentialen betroffen. Dieser Geschäftsbereich hat entsprechende Schritte unternommen:

  • Flure, Treppenhäuser, Eingangshallen sowie Lager und Technikräume dürfen – ab der aktuellen Heizperiode –, wenn technisch möglich, nicht mehr beheizt werden
  • Begrenzung der Raumtemperaturen – abhängig von der körperlichen Tätigkeit und ihrer Belastung für die Mitarbeiter – auf 12 bis 19 Grad Celsius
  • Abschaltung von Warmwasser in den Toiletten im Verwaltungsbereich. In Werkstätten und im Fahrdienst bleibt das Wasser aus hygienischen Gründen und wegen der Frostgefahr angeschaltet
  • Abschaltung von beleuchteten VGF-Logos an Gebäuden
  • Hydraulischer Abgleich der Heizungen in den Mietwohnungen der VGF, wozu aktuelle Angebote eingeholt werden
  • Information der Mieterinnen und Mieter in VGF-Wohnungen über Möglichkeiten, selber zur Energie-Effizienz beizutragen
  • Persönliche Beratung für Mieterinnen und Mietern von VGF-Wohnungen, die mit Gas beheizt werden  Oberirdische Werbung an Wartehallen (baulich integriert)

Anders als in einer Zeitung am 11. Oktober geschrieben, schaltet die VGF also nicht ihren Mietern das warme Wasser ab und begrenzt auch nicht in ihren Mietwohnungen die Raumtemperatur. Diese Maßnahmen betreffen nur Verwaltungsgebäude der VGF und Teile der Werkstätten.

Informations- und Werbevitrinen

Auch beleuchtete Vitrinen und Werbeflächen entlang der Strecken, in Stationen und an Haltestellen betreffen die VGF, stehen aber nicht in unmittelbarer Verantwortung des Unternehmens. Der VGF-Werbepartner und -dienstleister, die Fa. Ströer, informiert, daß alle Werbevitrinen an der Oberfläche schon seit 2014 mit energiesparenden LED-Beleuchtungen ausgestattet sind und daher stromsparend und effizient betrieben werden. Im Detail:

  • Oberirdische Werbung an Wartehallen (baulich integriert): keine Veränderung der Schaltung. Diese Anlagen sind von der Verordnung ausgenommen, da sie der Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit dienen. In der Mehrzahl der in Frankfurt betriebenen Wartehallen (rund 75%) befindet sich keine separaten Beleuchtungen, stattdessen ist eine Beleuchtungseinheit in der Werbevitrine integriert. Auch bei den übrigen Wartehallen erfolgt ein Großteil der Beleuchtung durch die Werbevitrine.
  • Oberirdische Werbung an Haltestellen außerhalb von Wartehallen (freistehende CLP): sie sind – wo es technisch möglich war – weitgehend auf die Schaltzeiten 22.00 Uhr – 6.00 Uhr umgestellt. Weitere Umstellungen durch technische Umrüstung erfolgen, sobald Material- und Dienstleisterkapazitäten zur Verfügung stehen
  • Oberirdische Werbung an U-Bahn-Abgängen (freistehende CLP): sie sind einseitig mit VGF Informationen gefüllt (Fahrpläne, Umgebungskarten, Fahrgast-Information etc.) und nur rückseitig werblich genutzt. Hier keine Veränderung, da die Lesbarkeit der Fahrplaninformationen wichtig ist.
  • Werbung in unterirdischen Verkehrsbauwerken (CLP, Infoscreens, Werbevitrinen usw.): keine Veränderung der Schaltung. Auch diese Anlagen sind von der Verordnung ausgenommen ,da auch sie überwiegend der Verkehrssicherheit dienen.

Die Fa. Ströer schaltet seit 10. Oktober eigene digitale Werbeanlagen zwischen 22.00 und 6.00 Uhr ab und verlängert damit die Nachtabschaltung um 2 Stunden.

Die Verknüpfung der Projekte „DTC“ und Mind+ wird zu einem verbesserten Verkehrsfluß führen. Energie-intensives Anhalten und erneutes Beschleunigen auch der U- und Straßenbahnen wird vermieden.

 

Handlungsoptionen

Darüber hinaus hat die VGF weitere Handlungsoptionen identifiziert, zum Teil befinden sich die Maßnahmen schon in der Umsetzung:

  • Erhöhung der Netzspannung von 600V Gleichstrom auf 750V Gleichstrom, was sich schon in der Ausführung befindet
  • Einsatz energieeffizienter Antriebe der U- und Straßenbahn-Wagen (z.B. im „T“-Wagen mit modernen Motoren)
  • Umstellung der Klimaanlagen-Einstellung in U-Bahnen und Straßenbahnen auf ein flexibel der Außentemperatur angepaßtes Delta
  • Reduzierung von Anhaltevorgängen vor Lichtsignalen (Beschleunigung, aktuell insbes. mit „MIND+“ optimierbar)
  • Möglichst energieoptimale Fahrweise und Synchronisation von Anfahr- und Bremsvorgängen (in Umsetzung mit dem von der VGF vorangetriebenen „Digital Train Control-System Frankfurt („DTC“) und in Verbindung mit dem Projekt „MIND+“)
  • Leistungsabhängige Antriebsabschaltung bei Fahrzeugen (dies wird mit Fahrzeugherstellern besprochen, ist aber im Moment Zukunftsmusik)
  • Energie vor Ort selbst erzeugen, z.B. durch Photovoltaik-Anlagen (Realisierte Projekte: auf dem Dach der Zentralen Werkstatt Infrastruktur an der Hanauer Landstraße (Neubau), auf dem Dach der Stadtbahn-Zentralwerkstatt. Weitere Projekte in Planung: auf dem Betriebshof Ost – hier u.a. ein Versuch mit Vertikal-Installation an Zäunen – auf dem großen Dach der Wartehalle H „Gravensteiner-Platz“ sowie auf dem P+R-Parkplatz an der U „Nieder-Eschbach“)

Großprojekte

Wichtig für die VGF und die Stadt Frankfurt bleibt bei allen Fragen der Energie-Einsparung, daß große Vorhaben der VGF nicht auf die lange Bank geschoben werden dürfen. Dazu gehört die Anschaffung neuer Fahrzeuge. Die ersten zwei von insgesamt 58 „T“-Wagen werden mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2022 in Betrieb gehen. Sie zeichnen sich u.a. durch sparsamere „permanent erregte“ Synchronmotoren aus, zurzeit der modernste und effizienteste Antrieb für Straßenbahnen auf dem Markt.

Der „T“-Wagen des Herstellers Alstom, von Dezember an im Fahrgastbetrieb der VGF, verfügt über die energieeffizientesten Motoren, die zurzeit auf dem Markt sind. Sie verbergen sich hinter den vier Abdeckungen, die vor den Drehgestellen zu sehen sind.

 

Auch die Einführung eines neuen Zugsicherungs-Systems ist ein zentrales Zukunftsprojekt. Die VGF bezeichnet das Vorhaben als „Digital Train Control – System Frankfurt“ („DTC“), also eine digitale Zugsicherung, die das alte System bis 2035 ersetzen wird. Dieser Ersatz war nicht nur wirtschaftlich notwendig, weil die alte Technik aus den 80er Jahren stammt und nicht mehr unterhalten werden kann, er bedeutet auch technisch einen gewaltigen Innovations-Schub, da  „DTC“ zum einen zu einem energie-effizienteren und somit sparsameren Betrieb auf U- und Straßenbahn-Linien führen wird, zum anderen die Kapazität auf bestehenden Strecken ohne umfangreichen Umbau der Infrastruktur um bis zu 15 % ausbauen kann. Einspar-Potential liegt in der Synchronisation der Bahnen beim Anfahren und Abbremsen aufeinander, die die digitale Zugsicherung möglich macht.

Mit dem „DTC“-System kann die Kapazität bestehender Strecke erhöht werden, da die Züge, gesteuert von der digitalen Zugsicherung, im Bremsabstand fahren und nicht in festen Blöcken.

 

Mehr Informationen zu diesem Thema hat die VGF unter „Digitale Schiene im ÖPNV: ‚Das Digital Train Control-System der VGF'“ zusammen gefaßt. Der Text findet sich unter

„Digitale Schiene“ im ÖPNV: Das „Digital Train Control System Frankfurt“ der VGF – VGF-Blog (vgf-ffm.de)

in einem älteren Blog-Artikel.

 

Bernd Conrads
B.Conrads@vgf-ffm.de
2 KOMMENTARE
  • Ingrid Klumpf
    Gepostet am 12:11h, 01 Mai Antworten

    Hallo zusammen,
    ich bin schon mit der neuen Straßenbahn, die auf der Linie 17 eingesetzt wird, gefahren. Ich bin sehr enttäuscht davon, da einige Sitze nur durch eine Stufe (wie auch bei anderen Linien) zu nutzen sind, was nicht für alle Fahrgäste geeignet ist. Außerdem wurde schon die Klimaanlage eingesetzt, obwohl es noch nicht warm war, denn es hat am Sitzplatz gezogen und sie ist leider auch zu hören.

  • Bernd Conrads
    Gepostet am 09:34h, 02 Mai Antworten

    Hallo, Fr. Klumpf!

    Das mit der Klimaanlage gegen wir an die Werkstatt weiter. Sie sollte eigentlich nicht kühlen, um diese Jahreszeit. Daß einige Sitze auf einer Art Podest sind, läßt sich nicht vermeiden. Zwar hat es der Hersteller geschafft, die gesamte Bahn stufenlos begehbar zu machen, aber Drehgestelle (und Radkästen) muß die Bahn haben. Und die benötigen auch bei einem ansonsten 100%-tig niederflurigen Fahrzteug Raum.

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