Halle mit großen VGF-grünen Zahlen 21 und 22 auf der Fassade, darunter in der selben Farbe jeweils eine Tür und dazwischen eine Oldtimer-Bahn

Den „VGF-Oldis“ neues Leben einhauchen

Mit Stolz können wir behaupten, mittlerweile eine der modernsten Fahrzeugflotten Deutschlands zu betreiben – ein großer Teil unserer U- und Straßenbahnen bietet unseren Fahrgästen die modernste Technik, einen niveaugleichen Einstieg und ist klimatisiert.

Aber der öffentliche Nahverkehr in Frankfurt hat eine mehr als 140 Jahre alte Tradition, sie zu bewahren, ist uns genauso wichtig. Deshalb versuchen wir, unsere ausgedienten Oldtimer-Fahrzeuge bestmöglich zu erhalten.

Die Tram-Veteranen der VGF waren zu ihrer Dienstzeit rund 20 Stunden am Tag auf Frankfurts Gleisen im Einsatz. Bei einer so intensiven Nutzung und der damit verbundenen hohen Beanspruchung des Materials ist es kein Wunder, dass der Zahn der Zeit Spuren hinterließ: Nach Jahren im Betrieb ist der Lack ausgeblichen und hat seinen Glanz verloren, hier und da finden sich rostige Stellen, Gummidichtungen sind porös, Sitzpolster abgenutzt – und das sind nur die auf den ersten Blick erkennbaren Materialermüdungen.

Von li. nach re.: Wagentypen L, M, N, O, P, R und S.

Wagentypen L, M, N, O, P, R und S am Stadion.

 

Verkaufen, verschrotten, restaurieren

Doch was stellt man mit alten Bahnen an, die nicht mehr im normalen Betrieb eingesetzt werden können? Sie erfüllen die zeitgemäßen Anforderungen an ein Fahrzeug nicht, weil sie zum Beispiel keinen stufenlosen Einstieg bieten und somit von mobilitätseingeschränkten Fahrgästen nur schwer genutzt werden könnten. Zudem würden sie viel Platz auf den Betriebshöfen beanspruchen – Platz, den wir dort nicht haben. Zur Lösung dieses Problems gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder die ausgedienten Fahrzeuge werden weiter verkauft oder schlicht verschrottet. Der Verkauf von älteren Fahrzeugen an andere Verkehrsunternehmen – insbesondere ins Ausland, in Posen fuhren nach lange „O“-Wagen in der Frankfurter Farbe, zum Teil sogar mit der originalen Werbebeklebung – gelang in den vergangenen Jahren zwar teilweise, aber leider nicht immer (mehr zu dem Thema gibt’s hier demnächst zu lesen!). So bleibt uns leider keine andere Wahl, als die Fahrzeuge auszuschlachten, ihnen die noch brauchbaren Einzelteile zu entnehmen und den Rest zur Verschrottung abholen zu lassen. Aua.

Da wir die Historie des Frankfurter Nahverkehrs bewahren wollen, haben wir uns dazu entschieden, ein wenig Geld in die Hand zu nehmen und zumindest eine Bahn jedes historischen Straßenbahn-Fahrzeugtyps originalgetreu in ihren Auslieferungszustand zurück zu setzen, fahrtüchtig zu halten und aus ihnen Schmuckstücke mit nostalgischem Charme und Wert zu machen. Die Restaurierung übernehmen dabei überwiegend unsere Kollegen in der Stadtbahn-Zentralwerkstatt, die mit viel Freude und Liebe zum Detail die „Oldis“ wieder aufmöbeln (ist ja schließlich auch mal etwas Abwechslung zum tagtäglichen blau-grün-türkisem Einheitsbrei). Da wir keine große Reserve an modernen Fahrzeugen haben und wir Ausfälle im regulären Betrieb wegen Wagenmangel vermeiden wollen, hat die Instandsetzung dieser Fahrzeuge natürlich Priorität. Deshalb haben wir uns dafür entschieden, die Trieb- und Beiwagen des Ebbelwei-Expreß (Wagentyp „K“) bis auf einen nicht in Eigenleistung überholen zu lassen, sondern eine ungarische Firma damit zu beauftragen. Das klappt bislang gut.

Abtransport von Ebbelwei-Expreß Triebwagen 105.

Abtransport von Ebbelwei-Expreß Triebwagen 105.

Frisch restauriert: der „M/m-Zug“

In den vergangenen Jahren hat unsere Werkstatt jeweils ein Fahrzeug der Wagentypen „L“, „N“, „O“ und „Pt“ mit viel Herzblut restauriert. Nun war der „M“-Wagen an der Reihe: Das Fahrzeug mit der Nummer 102 (ex 602) erstrahlt jetzt mit seinem Beiwagen „m“ (Nr. 1804) in einer frischen Orange/Elfenbein-Lackierung, die auch der restaurierte „Pt“-Wagen 748 – generalüberholt im Dezember 2014 zur Eröffnung der Linie 17 wieder in Dienst gestellt – trägt. Um die Fertigstellung der Restaurierung dieses Fahrzeug-Gespanns gebührend zu feiern, organisierte der Museumsverein „HSF“ am 30. Januar 2016 eine Sonderfahrt „in Orange“, die mit den beiden genannten Straßenbahnen stattfand.

In Frankfurt gab es 45 „M“-Wagen. Im Jahre 1959 trat die erste Bahn dieses Typs den Dienst an, 2004 verabschiedete sich das letzte Fahrzeug vom Linienbetrieb. Der „M“-Wagen war übrigens auch unser erster sechsachsiger Gelenktriebwagen. Damit diese Fahrzeuge nicht nur im Straßenbahnbereich, sondern auch auf der damals neu eröffneten A-Strecke (heute U1, U2, U3 und U8) von 1968 an eingesetzt werden konnten, erhielten einige Wagen auf der Türseite eine Verbreiterung (auch „Blumenkästen“ genannt), die die Lücke zwischen Fahrzeug und Bahnsteigkante schloss. Denn: mit einer Breite 2,32 Metern sind die alten Straßenbahnen mehr als 30 Zentimeter schmaler als die U-Bahnwagen (ein neuer „U5“: 2,65 Meter). Da die U-Bahn-Stationen aber auf die breiten Fahrzeuge ausgelegt sind, entstand im Betrieb mit Straßenbahnen diese Lücke zwischen Fahrzeug und Bahnsteig. Auch die auf der Linie U5 noch eingesetzten „PtB“-Wagen tragen als ursprüngliche Straßenbahnwagen deswegen die rotweißen „Blumenkästen“.

Der frisch restaurierte M/m-Zug vor dem Verkehrsmuseum in Schwanheim.

Der frisch restaurierte M/m-Zug vor dem Verkehrsmuseum in Schwanheim. (Foto: Andreas Behrndt)

 

1998 traten die Stadtbahnfahrzeuge des Typs „U4“ ihren Dienst an und lösten die „U2“-Wagen auf der A-Strecke ab. Die frei gewordenen „U2“-Wagen wiederum konnten nun auf der Linie U7 eingesetzt werden und ersetzten dort die Stadtbahnen des Typs „P“, welche nun in den Straßenbahnbetrieb übergingen und die sukzessive Ausmusterung der „M“-Wagen zur Folge hatte. Der „102“ ist fahrfähig erhalten geblieben; in der Stadtbahn-Zentralwerkstatt dient der Wagen 638 als Aufenthaltsraum im Außengelände und wird für Betriebs- und interne Feiern genutzt.

Veteranen tun auch weiterhin Dienst bei der VGF: so der Wagen 2050, der „SchneeschieBÄR“, der in unserem Beitrag zum Winterdienst auf diesem Blog beschrieben wurde. Oder der „O“-Wagen, die erste Zweirichtungs-Straßenbahn, angeschafft Ende der 60er Jahre für den Betrieb auf der Linie 16, die damals noch bis Offenbach Marktplatz führte, dort aber nicht in der sonst üblichen Schleife endete, sondern in zwei Stichgleisen. Er wird bei Eis und Schnee als „Eisbrecher“, eingesetzt, der nicht nur Schnee von den Gleisen räumt – merke: „Der „O“-Wagen kommt überall durch! –, sondern mit einer speziellen Vorrichtung auch Eis von der Oberleitung kratzt und so in nächtlichem Dauereinsatz das Zufrieren der Leitung verhindert.

 

In neuem Glanz: der „U2“-Wagen 305

Darüber hinaus hat unsere Werkstatt kürzlich auch ein weiteres Stadtbahnfahrzeug in seinen Auslieferungszustand zurück versetzt: Neben den beiden schon restaurierten „U2“-Wagen 303 und 304, wurde nun ein dritter Wagen mit der Nummer 305 in ein rot-weißes Farbkleid versetzt. Damit sind künftig Historische Fahrten im Drilling möglich.

U2 Nummer 305 auf den Gleisen im Betriebshof Ost.

U2 Nummer 305 auf den Gleisen im Betriebshof Ost.

 

Zurück auf der Schiene

Es wäre eine Schande, diese Schmuckstücke ausschließlich in Wagenhallen zu verstecken – zumal sich ihr Zustand dort auch nicht bessert. Deshalb können die Bahnen bei uns für Veranstaltungen oder Sonderfahrten angemietet werden. Außerdem organisiert der Museumsverein „HSF“ regelmäßig in Absprache mit uns Sonderfahrten (z.B. Osterhasen-Expreß, Niko-Ex, Sonderfahrten für Fotografen, etc.) und bringt die Bahnen, die mit ihrem nostalgischem Charme die Blicke aller Passanten auf sich ziehen, an den Ort zurück, wo sie hingehören: auf die Schienen.

 

Nacht der Museen

Sonderverkehr anlässlich der Nacht der Museen.

 

Sascha Reimann
s.reimann@vgf-ffm.de
3 KOMMENTARE
  • Karl Böck
    Gepostet am 17:32h, 03 Februar Antworten

    Interessante Details zwischen den Zeilen:

    „… und zumindest eine Bahn jedes historischen Straßenbahn-Fahrzeugtyps originalgetreu in ihren Auslieferungszustand zurück zu setzen, fahrtüchtig zu halten und aus ihnen Schmuckstücke mit nostalgischem Charme und Wert zu machen…“

    Das lässt ja hoffen, dass nach und nach auch die Wagen in Schwanheim aus dem Museumsschlaf geholt werden. 😉

    „…die sukzessive Ausmusterung der „M“-Wagen zur Folge hatte. Ein Zug steht im Museum, der „102“ ist fahrfähig erhalten geblieben; …“

    Oh, wo wurde denn auf einmal ein weiterer „M“ fürs Museum ausgebuddelt, und kann man ihn schon am nächsten Sonntag besichtigen? Ich dachte, es gibt nur noch den 102 und den „Aufenthaltsraum“ in der Werkstatt? 😉

    Schön zu hören, dass der M-Zug wieder strahlt, mal schauen, wann ich ihn mal in freier Wildbahn sehe.

  • Schorti
    Gepostet am 12:32h, 05 März Antworten

    Sehr Schöner Beitrag, ich kann mir sehr gut vorstellen das dass ganze sehr Aufwändig ist aber anschließend kann sich das ganze wirklich Sehen lassen.

  • Getriebe spülen Freund
    Gepostet am 15:56h, 04 September Antworten

    Okay, das ist mal eine andere Restauration von Oldtimern, aber das bringt auf jeden Fall Jugenderinnerung wieder 😉 Würde mich mal interessieren, wie man sowas restauriert. Bei normalen Oldtimern ist ja oft auch ein Getriebeschaden… Macht ruhig mal eine Serie daraus! 🙂

SCHREIBE EINEN KOMMENTAR